Nachzahlungen von EEG-Umlage jetzt noch verhindern

Betreibern von Blockheizkraftwerken (BHKW) – oder anderer Stromerzeugungsanlagen – droht eine rückwirkende Nachzahlung von EEG-Umlagen, wenn sie Stromlieferungen an Dritte nicht rechtskonform gemessen und beim zuständigen Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) anzeigt haben. Um Sanktionen zu vermeiden, müssen sie bis zum 1. Januar 2021 (§ 104 Abs. 10 und 11 EEG 2018) ein Messkonzept einrichten. Von Rückforderungen verschont bleiben sie allerdings nur unter engen Voraussetzungen: Sie müssen erstens den eigenverbrauchten und selbstproduzierten Strom von Stromlieferungen an Dritte bisher durch Schätzen oder ungeeichte Messung abgegrenzt haben. Zweitens müssen sie diese an Dritte geleisteten Strommengen an den zuständigen ÜNB gemeldet, und die hierauf entfallene EEG-Umlage entrichtet haben. Wenn sie bisher keine Abgrenzung vorgenommen haben und keine Meldung an Dritte geleisteter Strommengen beim ÜNB gemeldet haben, ist die EEG-Umlage auf die Gesamtheit der eigenerzeugten Strommenge fällig.

Hintergrund: Der Gesetzgeber hatte 2018 im Zuge der Anpassung des EEG 2017 per Energiesammelgesetz den Themenbereich „Messen und Schätzen“ neu geregelt. „In diesem Zusammenhang drohen für zurückliegende und nicht rechtskonform abgegrenzte Weiterleitungsmengen eine Nachzahlung der EEG-Umlage“, warnt Rechtsanwalt Sebastian Igel, Leiter des Forums Klinikenergie des FKT. Die Neuregelungen betreffen in hoher Zahl Gesundheitseinrichtungen, die in der Vergangenheit auf eigene Stromerzeugung durch hocheffiziente KWK-Anlagen umgestiegen sind. In solchen Eigenversorgungskonstellationen erfolgt regelmäßig eine Belieferung Dritter mit Energie, wie zum Beispiel etwa an privat geführte Kioske, Friseur- oder Blumenläden usw. Solche Drittstrommengen müssen in der Regel 15-Minuten genau von dem Eigenverbrauch abgegrenzt werden und sind, anders als eigenerzeugte und selbst verbrauchte Mengen, hinsichtlich der anfallenden EEG-Umlage nicht begünstigungsfähig, so dass für diese die volle EEG-Umlage an den ÜNB abzuführen ist. „Der zuständige Netzbetreiber kann den Zahlungsanspruch rückwirkend bis zu zehn Jahre geltend machen und dabei den jeweils höchsten EEG-Umlagesatz auch für die selbst verbrauchte Mengen verlangen“, erläutert Sebastian Igel weiter.

Nur jenen Anlagenbetreibern, die in irgendeiner Form Eigen- und Drittverbräuche abgegrenzt und an den ÜNB gemeldet haben, eröffnet § 104 Abs. 11 EEG 2017 die Möglichkeit einer Leistungsverweigerung. Voraussetzung ist ein zum 1. Januar 2021 umgesetztes Messkonzept, das eine rechtskonforme Mengenabgrenzung für Strommengen sicherstellt. Danach kann ein Leistungsverweigerungsrecht nachträglich nicht mehr entstehen.

In große Schwierigkeiten gerät die ganz überwiegende Mehrzahl von Anlagenbetreibern, die ihre an Dritte geleisteten Strommengen bisher dem ÜNB nicht gemeldet haben. Wenn sich diese zukünftig rechtskonform verhalten möchten, und die an Dritte geleisteten Strommengen an den ÜNB melden, besteht eine sehr konkrete Gefahr: Der ÜNB stellt die naheliegende Frage, ob auch in der Vergangenheit Drittbelieferungen erfolgt seien. Wenn man die unterlassenen Meldungen noch als nicht strafbares „Versäumnis“ qualifizieren könnte, wäre die bewusste Falschauskunft gegenüber dem ÜNB in diesem Falle fraglos strafbar. Wer sich also zukünftig rechtskonform verhalten will, steht vor einem Dilemma – er kann sich nicht auf die sogenannte „Amnestieregelung“ berufen und sieht sich einer hohen Nachzahlung ausgesetzt. Die ÜNB haben keinen Ermessensspielraum und müssen als „Treuhänder“ der EEG-Umlage Ansprüche auf EEG-Umlage durchsetzen, wenn sie diese erkennen. Auf Anfrage konnte die Clearingstelle EEG keinen Ausweg aus dem Dilemma empfehlen. „Letztlich sollte der Gesetzgeber eine angemessene Regelung für die Masse jener Anlagenbetreiber normieren, die in der Vergangenheit schlicht aus Unwissenheit ihren Meldepflichten gegenüber dem ÜNB nicht nachgekommen sind“, fordert Sebastian Igel. Wie sich betroffene Kliniken am besten verhalten, lässt sich erst nach einer umfassenden Prüfung aller Umstände sagen. Die Experten des Forums Klinikenergie bieten Hilfestellung. Mail: Forum-Klinikenergie@FKT.de

Mit einem Messkonzept die gesetzlichen Vorgaben erfüllen

Voraussetzung zu den oben geschriebenen Vorgaben ist die Erarbeitung und Umsetzung eines Messkonzepts, dass die Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben ermöglicht. Als Partner von Energie Admin übernimmt die Limón GmbH die Ausarbeitung der Messkonzept für viele Unternehmen. Gewisse Grundregeln sind für die Messkonzepts anzuwenden:

  • Grundsätzlich müssen geeichte Zähler (nach Measuring Instruments Directive (MID), europäische Messgeräterichtlinie, siehe Richtlinie 2004/22/EG über Messgeräte) sowie geeichte Stromwandler (Verrechnungswandler) installiert werden, um eine manipulationssichere Messung gewährleisten zu können.
  • Im Falle einer Eigenstromversorgung mit einer Stromerzeugungsanlage (zum Beispiel BHKW) müssen, für eine rechtskonformen Abgrenzung von Drittmengen im Sinne der oben beschriebenen Vorgaben, die eingesetzte Zähler einen 15-Minuten-Lastgang nach PTB-A 50.7 ausgeben können. Nur so kann nachgewiesen werden, dass auf Basis von 15-Minuten-Werten der selbsterzeugte Strom auch immer selbst genutzt und nicht an Dritte weitergegeben wird. Eine Zeitsynchronität herzustellen ist eine neue Herausforderung in diesem Kontext, denn erst wenige Zähler sind dazu bisher in der Lage.

Mobile Lösungen als kostengünstige Alternative

Eine weitere Herausforderung liegt in nicht stationären, sondern dauerhaften Verbräuchen am Standort, die mit mobilen Zählungen ausgestattet werden müssen. Beispiele sind Baustellen oder medizinische Geräte, die nicht ortsfest eingesetzt werden, aber trotzdem im Sinne des Gesetzes abgegrenzt werden müssen. Hier eignen sich mobile Stromzähler, die 1-phasig (mit Schuko-Stecker) oder 3-phasig (CEE-Stecker) zum Einstecken zwischen Steckdose und Verbraucher eingebunden werden. Diese abgegrenzten Drittmengen werden dann pauschal vom eigenerzeugten und selbst verbrauchten Strom abgezogen und mit einer EEG-Umlage versehen, da hier eine Abgrenzung der 15 Minutenwerte nicht ohne weiteres möglich ist. Dennoch bieten diese mobilen Lösungen eine kostengünstige Alternative gegenüber stationären Zählern.

Frühzeitig starten ist wichtig

Zusammenfassend kann man auf Basis der erstellten Messkonzepte im Kontext der Drittmengenabgrenzung festhalten, dass es keine Standardlösung bei Kliniken für die Umsetzung der Vorgaben gibt und die Messkonzepte sich je nach technischem Stand und Anzahl der Dritten zum Teil stark unterscheiden. Zusätzlich ist der Zeitplan für die Umsetzung eines Messkonzeptes mit Blick auf den 1.01.2021 relativ straff. Zur Aufnahme und Klärung der richtigen Datenpunkte sind circa vier Wochen zu rechnen. Je nach Anzahl der Zähler muss beim Einbau der Hardware mit etwa zwei bis vier Woche gerechnet werden. Dazu müssen (falls keine geeichten Stromwandler vorhanden sind) für den Einbau einzelne Verteilungen stromlos geschaltet werden, was im laufenden Betrieb mit Vorlauf geplant werden muss. Darüber hinaus muss eine Datenbank beziehungsweise eine Software für das Datenmanagement der Messwerte implementiert werden. Insgesamt rechnen Fachleute für die Umsetzung von der Planung bis zur Inbetriebnahme eines Messkonzeptes mit drei bis sechs Monaten, so dass ein baldiger Start notwendig ist.
Beispielbild zum Aufbau eines Konzeptes:



In dem oberen Schaubild sind beispielhaft die externen Drittverbräuche dargestellt. Es werden sechs Zähler zur Abgrenzung der Drittverbraucher am Standort eingesetzt. Abbildung 1: Quelle: Limón GmbH

Für eine temporäre Messung stehen verschiedene Varianten zur Verfügung:


 
Schwabe MIXO Stromzähler und TIP 41600 Energiekosten-Messgerät MID Eichung. Abbildung 2: Quelle: as

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