Mehr Flexibilität durch klinikeigene Energiegesellschaften

Mit klinikeigenen Energiegesellschaft könnten auch Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft Strom und Erdgas ohne öffentliche Ausschreibung beschaffen.

Die extrem hohen Strompreise der vergangenen zwei Jahre haben viele Krankenhäuser vor finanzielle Herausforderungen gestellt, die nur teilweise durch die Strompreisbremse und Ausgleichszahlungen gem. § 26f KHG kompensiert wurden. Für viele Betreiber stellt sich vor diesem Hintergrund die Frage, wie sie sich zukünftig besser gegen Preisexplosionen schützen und gleichzeitig regulatorische Vorgaben zum Klimaschutz erfüllen können.
Beschaffungsnachteile vermeiden. Rund 45 Prozent aller deutschen Krankenhäuser werden von öffentlichen Trägern geführt. Damit sind sie verpflichtet, Energielieferverträge öffentlich, mitunter europaweit auszuschreiben. Dieses Prozedere geht nicht nur mit erheblichem Zeit- und Kostenaufwand einher, es stellt auch einen klaren Beschaffungsnachteil gegenüber privatwirtschaftlich geführten Krankenhäusern dar. Denn: Bei Weitem nicht alle Stromlieferanten beteiligen sich an diesen öffentlichen Ausschreibungen.

Aufgrund des enormen Kostendrucks fehlen hierfür schlicht die personellen Ressourcen. Angebote von besonders preisgünstigen Anbietern erhalten öffentlich ausschreibende Kliniken deshalb oft gar nicht. Sie können damit letztlich nur aus der Gruppe der hochpreisigen Anbieter den wirtschaftlich günstigsten auswählen. Darüber hinaus schreiben die meisten Kranken-hausbetreiber Stromlieferverträge noch immer mit mehrjähriger Laufzeit und Festpreis aus. Ein schnelles Reagieren auf aktuelle Marktentwicklungen macht diese Vorgehensweise unmöglich. „Unter einfach herzustellenden Voraussetzungen können jedoch auch öffentliche Kranken-häuser Strom und Erdgas frei und flexibel einkaufen“, erklärt der Beschaffungsexperte der Energie-Admin AG, Oliver Staff: „Schon zahlreiche Krankenhäuser haben das immer komplexer werdende Thema Energie, zu dem unter anderem Beschaffung, Erzeugung, Energieeffizienz, Klimaschutz und Versorgungssicherheit zählen, in eine klinikeigene Energiegesell-schaft ausgegliedert, um den vielfältigen damit einhergehenden wirtschaftlichen, regulatorischen und strategischen Herausforderungen effizienter gerecht werden zu können. Wenn man die sich bietenden energierechtlichen Anforderungen zu nutzen weiß, kann man flexibel wie ein Privatunternehmen agieren“, führt Staff weiter aus.

Weil die Erzeugungsmöglichkeiten beispielsweise mit KWK- oder PV-Anlagen in und auf Krankenhäusern bauartbedingt begrenzt sind, schließen immer mehr Klinikträger langfristige Lieferverträge mit den Betreibern von erneuerbaren Energieanlagen. Mit diesen als Power Purchase Agreements (PPA) bezeichneten Verträgen können sie sich, unabhängig von Bör-senpreis-Kapriolen, langfristige Konditionen sichern und damit ihre Finanzplanung erheblich verbessern. „Lange Zeit war es kaum möglich, Überschüsse aus Eigenerzeugung und PPA in einen Stromliefervertrag zu integrieren. Erste Stromlieferanten haben sich jedoch auf die neuen Markterfordernisse eingestellt und bieten diese Option inzwischen an“, sagt Staff, der bereits mit mehreren Stromlieferanten entsprechende Modelle erarbeitet und für seine Beratungskunden umgesetzt hat.

Mehr Flexibilität bei dem Erreichen von Klimaschutzvorgaben

Auch Krankenhäuser müssen schrittweise ihren direkten und indirekten CO2-Ausstoß reduzieren. Die Erstellung von Transformationskonzepten, die das Ziel eines klimaneutralen Krankenhausbetriebs verfolgen, werden von der BAFA gefördert. Ein Weg zur massiven und sofortigen Reduzierung des CO2-Ausstoßes besteht darin, die mit PPAs übertragbaren Her-kunftsnachweise (HKN) in die eigene CO2-Bilanz einfließen zu lassen. Das Ernten dieser „low hanging fruits“ ist im Verhältnis zu umfangreichen Verbesserungen an der Gebäudehülle oder der Gebäudetechnik eine schnell umsetzbare und kostengünstige Alternative, so Staff abschließend.

Von Maria Thalmayr

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